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Urteil 024

Verwaltungsgericht Bremen
Freie Hansestadt Bremen

Az: 7 K 1206/99

Im Namen des Volkes

Urteil In der Verwaltungsrechtssache

der Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Klägerin,

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältinnen Galda u.a., Fedelhören 6, 28203 Bremen, Gz.: Ga 281/98,

gegen

die Stadtgemeinde Bremen, vertreten durch den Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, Contrescarpe 73, 28195 Bremen,

Beklagte,

Prozessbevollmächtigter:
Herr Amtsrat Int-Veen, Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales –Bereich Jugend und Soziales-, Bahnhofsplatz 29, 28195 Bremen, Gz.: 400-130/1-544/99,

hat das Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen – 7. Kammer – durch Richter Zimmermann, Richter Hagedorn und Richterin Dr. Jörgensen sowie die ehrenamtliche Richterin E. Helka-Nimmer und den ehrenamtlichen Richter W. Schmonsees aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.08.2001 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Amtes für Soziale Dienste Bremen vom 18.11.1998 und des Widerspruchsbescheids des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales vom 28.10.1999 verpflichtet, der Klägerin ein zinsloses Darlehen in Höhe von DM 30.000,00 zum Erwerb von Genossenschaftsanteilen für die Wohnung Am Deich 64 F in Bremen zu gewähren.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Eingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).

Die Klägerin leidet an Friedreich’scher Ataxie und ist mit einem Grad der Behinderung von 100% schwerbehindert. Infolge ihrer Erkrankung ist sie erblindet und auf den Rollstuhl angewiesen. Sie ist schwerhörig, ihre Sprache ist verlangsamt. Zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes ist sie von Leistungen der Sozialhilfe abhängig.

Mit Schreiben vom 12.10.1998 beantragte die Klägerin, die seinerzeit noch in Hannover eine behindertengerechte Wohnung bewohnte, beim Amt für Soziale Dienste in Bremen die Zusicherung einer Übernahme der Unterkunftskosten für eine 3-Zimmer-Wohnung in der Grünenstraße sowie die Gewährung eines zinslosen Darlehens zum Erwerb von Anteilen der in Gründung befindlichen „Wohnungsgenossenschaft für Behinderte in Bremen", der Vermieterin der Wohnung, in Höhe von DM 50.000,00.

Mit Bescheid vom 18.11.1998 lehnte das Amt für Soziale Dienste den Antrag der Klägerin ab. Zuständig für die Prüfung, ob die Klägerin einen sozialhilferechtlichen Bedarf für die genannte Wohnung habe, sei gem. § 97 Abs. 1 BSHG der örtliche Sozialhilfeträger in Hannover.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den sie wie folgt begründete: Das Amt für Soziale Dienste in Bremen sei für die beantragte Leistung zuständig, da sie zum Sommer 1999 nach Bremen verziehen werde und erst ab diesem Zeitpunkt Leistungen begehre. Aufgrund ihrer Behinderung lebe sei in Hannover nahezu vollständig isoliert. In Bremen hingegen nehme sie regelmäßig an Treffen der dortigen Heredo-Ataxie-Selbsthilfegruppe teil. Mit Mitgliedern dieser Gruppe unternehme sie Freizeitaktivitäten und man besuche sich gegenseitig. Es sei ihr nicht länger möglich, die anstrengenden Fahrten von Hannover nach Bremen zu unternehmen. Sie versuche bereits seit 1997 in Bremen eine Wohnung zu finden, was ihr aber auch mit Hilfe der Wohnberatung des Amts für Soziale Dienste, des Amtes für Wohnung und Städtebauförderung und verschiedener Wohnungsgesellschaften nicht gelungen sei. Nun biete sich ihr als alleinige Möglichkeit zum Beziehen einer behindertengerechten Wohnung in Bremen die Anmietung einer Wohnung der Wohnungsgenossenschaft, für deren Bezug allerdings die Zeichnung der beantragten Genossenschaftsanteile Voraussetzung sei.

Mit Schreiben vom 05.01.1999 stimmte das Sozialamt der Stadt Hannover dem Umzug der Klägerin nach Bremen aus sozialhilferechtlicher Sicht zu.

Am 11.06.1999 erhob die Klägerin Untätigkeitsklage, gerichtet auf Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung der mit Schreiben vom 12.10.1998 beantragten Leistungen. Die Wohnung, in die sie ziehen wolle, sei rollstuhlgerecht, Umbaumaßnahmen seien nicht erforderlich. Da die erforderliche Einlage bei der Wohnungsgenossenschaft für sie auf DM 30.000,00 reduziert sei, benötige sie nur noch ein Darlehen in dieser Höhe.

Im August 1999 zog die Klägerin nach Bremen in die Wohnung der Wohnungsgenossenschaft Am Deich 64 f (vormals: Grünenstr. 22). Der Mietzins beträgt monatlich DM 1.317,00 incl. Nebenkosten. Die Genossenschaft stundete der Klägerin den von ihr verlangten Anteil bis zur rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit.

Einen Vermerk in der Behördenakte vom 24.08.1999 ist zu entnehmen, dass seinerzeit für die Klägerin seitens der Beklagten keine behindertengerechte Wohnung in Bremen zur Verfügung gestellt werden konnte.

Mit Bescheid vom 03.08.1999 erklärte sich die Beklagte bereit, die anfallenden Unterkunftskosten für die Wohnung „Am Deich" zu übernehmen. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.1999, zugestellt 26.11.1999, wies der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 18.11.1998, soweit ihm nicht durch den Bescheid vom 03.08.1999 abgeholfen worden war, als unbegründet zurück. Ein Anspruch der Klägerin gem. § 40 Abs. 1 Nr. 6a BSHG sei abzulehnen, da sie in Hannover über eine behindertengerechte Wohnung verfügt habe. Es könne dahinstehen, ob der Umzug nach Bremen notwendig gewesen sei, da ein Anspruch bereits an der gesetzlichen Bestimmung des § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG scheitere. Die Übernahme der Genossenschaftsanteile sei mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden. Die Beteiligung am unternehmerischen Risiko der Wohnungsgenossenschaft sei nicht hinnehmbar. Die Genossenschaftsanteile dienten der Genossenschaft zum Ankauf von Wohnraum und nicht konkret für die in der Wohnung der Klägerin anfallenden Umbaumaßnahmen. Durch den Ankauf der Genossenschaftsanteile erhöhten sich die Nutzungskosten der Wohnung bei einer Verzinsung von 6% p.A. und einer Wohnungsgröße von 65 m² um einen Betrag von monatlich ca. DM 2,30 pro m², was unter Berücksichtigung der bereits hohen Mietkosten nicht vertretbar sei.

Die Klägerin hat mit am 23.12.1999 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz den Widerspruchsbescheid vom 28.10.1999 in ihre nur noch hinsichtlich des von der Beklagten versagten Darlehens für die Übernahme der Genossenschaftsanteile aufrecht erhaltene Klage miteinbezogen.

Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, dass in ihrem Falle die Gewährung eines Darlehens für den Erwerb der Genossenschaftsanteile nicht unverhältnismäßig sei. Zu der von ihr bezogenen Wohnung Am Deich 64 F habe es nie eine vergleichbare Alternative gegeben, so dass kein Raum für die Anwendung von § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG bleibe. Die Genossenschaftsanteile dienten nicht der Eigentumsfinanzierung, sondern würden für die Anpassung der Wohnungen der Genossenschaft an die Anforderungen einer barrierefreien Nutzung verwendet. Da die Wohnungen der Genossenschaft im Gegensatz zu anderen Projekten nicht öffentlich gefördert würden, sei der Sozialhilfeträger unter Berücksichtigung des Anspruchs auf selbstbestimmte Leistungsgestaltung gefordert, mit sozialhilferechtlichen Mitteln die Beschaffung einer behindertengerechten Wohnung zu ermöglichen. Darüber hinaus entstehe für den Sozialhilfeträger durch die Darlehensgewährung auch im Vergleich mit anderen Anpassungsmaßnahmen für Wohnungen keine höhere Belastung. Im Gegensatz zu anderen Umbaumaßnahmen, die als verlorene Zuschüsse gewährt würden, erhalte die Beklagte die Einlage von DM 30.000,00 nach Beendigung des Mietverhältnisses zurück.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 18.11.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.1999 zu verpflichten, der Klägerin ein zinsloses Darlehen in Höhe von DM 30.000,00 zum Erwerb von Genossenschaftsanteilen für die Wohnung Am Deich 64 F, 28199 Bremen, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Gründe der angefochtenen Bescheide und führt weiter aus, es sei vorliegend nicht ersichtlich, ob die zu zahlende Einlage konkret für behindertengerechte Wohnungsanpassungsmaßnahmen oder für die Verwaltung der Wohnungsgenossenschaft und für die Akquirierung von Wohnraum verwendet werde.

Die die Klägerin betreffenden Behördenvorgänge (Akte des Amts für Soziale Dienste W 783 401) haben dem Gericht vorgelegen. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, soweit das Urteil darauf beruht.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens für den Erwerb von Anteilen an der Wohnungsgenossenschaft für Behinderte in Bremen in Höhe von DM 30.000,00 zu.

1.
Das Amt für Soziale Dienste der Beklagten ist für das Leistungsbegehren der Klägerin örtlich zuständig. Dies ergibt sich aus § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG. Nach dieser Vorschrift ist für die Sozialhilfe örtlich zuständig der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger tatsächlich aufhält. Die Klägerin wohnt seit August 1999 in Bremen, so dass spätestens seit diesem Zeitpunkt die örtliche Zuständigkeit des bremischen Sozialhilfeträgers gegeben ist. Der Einwand der Beklagten, der Klägerin habe in Hannover eine behindertengerechte Wohnung zur Verfügung gestanden, kommt hierbei nicht zum Tragen. Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass der Sozialhilfeträger des bisherigen Aufenthaltsortes der Klägerin in Hannover nach § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG weiter für den in Streit stehenden Bedarf der Klägerin zuständig geblieben ist.

Die Frage, auf welchen Zeitpunkt es bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ankommt, beantwortet sich aus dem das Sozialhilferecht prägenden Grundsatz, dass die Sozialhilfe dazu dient, eine gegenwärtige Notlage zu beheben. Ab wann eine gegenwärtige Notlage angenommen werden kann, richtet sich nach der jeweiligen Eigenart des geltend gemachten Bedarfs (BVerwG, Urt. v. 17.11.1994, NJW 1995, 2428). Die Notwendigkeit für den Erwerb der Genossenschaftsanteile als Hilfe bei der Beschaffung einer den besonderen Bedürfnissen der Klägerin entsprechenden Wohnung (§ 40 Abs. 1 Nr. 6a BSHG) war zum Zeitpunkt der Antragstellung (12.10.1998) noch nicht gegeben, sondern entstand im vorliegenden Fall erst mit dem im August 1999 erfolgten Einzug der Klägerin in die Wohnung Am Deich am neuen Aufenthaltsort Bremen. Mit diesem Aufenthaltswechsel der Klägerin ging, da auch nicht von der Weiterführung bzw. Sicherstellung einer bereits in Hannover gewährten Hilfe ausgegangen werden kann, die örtliche Zuständigkeit auf das Amt für Soziale Dienste in Bremen über (so auch für den Fall einer Mietsicherheit OVG Lüneburg, Urt. v. 07.07.1998, FEVS 49, 538; für Unterkunftskosten: OVG Hamburg, Beschl. v. 22.11.1995, FEVS 46, 391; VGH Kassel, Beschl. v. 09.04.1994, FEVS 45, 335). Nichts anderes ergibt sich für den Fall, dass für den maßgeblichen Zeitpunkt hinsichtlich der Begründung der örtlichen Zuständigkeit nicht auf den Einzug in die neue Wohnung, sondern auf den Zeitpunkt der Antragstellung – vorliegend der 12.10.1998 – abzustellen wäre. Es entspricht dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitsvorschrift des § 97 BSHG, dass die einheitliche Beurteilung der Kostentragung für eine neue Unterkunft dadurch gesichert wird, dass der für die zukünftige Wohnung zuständige Sozialhilfeträger gleichsam aus einer Vorwirkung der durch den bevorstehenden Einzug eintretenden Rechtslage über die Kostenübernahme entscheidet (OVG Hamburg, a.a.O.; a.A. Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, § 97 Rn. 19). Vorliegend war dies schon zum Zeitpunkt der Antragstellung das Amt für Soziale Dienste in Bremen.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf zumindest vorläufige Gewährung des beantragten Darlehens ergibt sich außerdem aus § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I. Die Klägerin hat ihren Antrag auf Gewährung der streitgegenständlichen Leistung mit Schreiben vom 12.08.1998 zuerst und ausdrücklich an das Amt für Soziale Dienste in Bremen gerichtet.

Etwaige der Beklagten gegen den bis zum Umzug der Klägerin örtlich zuständigen Sozialhilfeträger des Landes Niedersachsen zustehende Ansprüche auf Kostenerstattung nach § 107 BSHG sind nicht Gegenstand des vorliegend zur Entscheidung stehenden Rechtsstreits und lassen die örtliche Zuständigkeit nach § 97 Abs. 1 BSHG unberührt.

2.
Ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung des Darlehens für den Erwerb der Genossenschaftsanteile ergibt sich aus den §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 6a BSHG.

a.
Die Klägerin gehört mit ihren als hochgradig eingestuften Behinderungen unstreitig zu dem Personenkreis, der nach § 39 Abs. 1 BSHG Eingliederungshilfe in Anspruch nehmen kann. Als Form der Eingliederungshilfe ist vorliegend § 40 Abs. 1 Nr. 6a BSHG (Hilfe bei der Beschaffung und Erhaltung einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen des Behinderten entspricht) einschlägig. Der Anspruch auf Eingliederungshilfe ist auch nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin in Hannover eine rollstuhlgerechte Wohnung bewohnte. Die Gewährung von Eingliederungshilfe setzt nicht unter allen Umständen voraus, dass der Hilfesuchende aus der Gesellschaft ausgegliedert war. Eingliederungshilfe ist vielmehr auch dann zu gewähren, wenn dadurch eine mögliche Ausgliederung verhindert werden kann (vgl. Brühl, LPK-BSHG, § 39 Rn. 29). Im übrigen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts nachvollziehbar dargelegt, dass es ihr wegen der Kontakte zur in Bremen ansässigen regionalen Selbsthilfegruppe der deutschen Heredo-Ataxie-Gruppe erstmals in Bremen möglich ist, soziale Kontakte in einem nennenswerten Umfang auszuüben. Gerade derartige Kontakte fördern die Eingliederung der Klägerin in die Gesellschaft und erfordern angesichts der für die Klägerin wegen ihrer Behinderungen nur schwer möglichen Reisen eine Wohnsitznahme in Bremen.

b.
Die Voraussetzungen für die Gewährung der Eingliederungshilfe in Form eines Darlehens für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen sind vorliegend gegeben.

Eingliederungshilfe nach § 40 Abs. 1 Nr. 6a BSHG umfasst nicht nur beratende und unterstützende Maßnahmen, sondern auch materielle Leistung zur Beschaffung und Erhaltung einer Wohnung (Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, § 40 Rn. 40), worunter auch der Erwerb von Genossenschaftsanteilen fallen kann (Fichtner, BSHG, § 40 Rn. 58). Nach § 18 Satz 2 EinglH-VO können Geldleistungen auch als Darlehen gewährt werden.

Die Beklagte kann der Klägerin auch nicht entgegenhalten, dass das beantragte Darlehen mit unverhältnismäßigen Mehrkosten i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG verbunden ist. Es kann dabei im besondern Einzelfall der Klägerin dahinstehen, ob andere denkbare Hilfeleistungen zum Erwerb einer behindertengerechten Wohnung in Bremen kotengünstiger , sachgerechter oder mit für die Beklagte geringeren Liquiditätsrisiken verbunden sind und ob derartige Alternativen der Klägerin zumutbar wären. Der Klägerin konnte, wie in dem Behördenvermerk vom 24.08.1999 (Bl. 200 der Behördenakte) deutlich wird, in der Vergangenheit keine behindertengerechte Wohnung in Bremen zur Verfügung gestellt werden und es ist – wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat – angesichts des Mangels an barrierefreien Wohnungen auch gegenwärtig noch nicht absehbar, dass der Klägerin eine andere als die von ihr 1999 bezogene Wohnung, z.B. im Rahmen des von der Beklagten bevorzugten Modells „Akzent-Wohnen", angeboten werden könnte. In einem derartigen Fall, in dem keinerlei Alternativen hinsichtlich des Bezugs einer behindertengerechten Wohnung vorhanden sind, muss es dabei verbleiben, die Geeignetheit der einzig in Frage kommenden Möglichkeit für die Beschaffung einer behindertengerechten Wohnung zu prüfen. Diese Prüfung ergibt vorliegend jedenfalls nicht, dass der Erwerb der Genossenschaftsanteile für die Wohnung „Am Deich" für die Beklagte mit nicht mehr hinnehmbaren Kosten und Liquiditätsrisiken behaftet ist. Das Gericht teilt die Bedenken der Beklagten, die sich insbesondere daraus ergeben, dass sich die Wohnungsgenossenschaft für Behinderte in Bremen nach wie vor in Gründung befindet und nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen ist, dass ein zielgerichteter Einsatz der Genossenschaftsanteile für den behindertengerechten Umbau der von der Genossenschaft erworbenen oder angemieteten Wohnungen nicht nachgewiesen wurde und dass eine wirksame Sicherung der erworbenen Genossenschaftsanteile im Falle der Insolvenz der Genossenschaft nicht möglich scheint. Diese Zweifel sind jedoch nicht so schwerwiegend, dass der Erwerb der Genossenschaftsanteile mit derartigen Risiken behaftet wäre, die die Gewährung eines Darlehens zum Erwerb der Genossenschaftsanteile als schlechthin unvertretbar erscheinen lassen. So ist die Wohnungsgenossenschaft für Behinderte in Bremen schon seit mehreren Jahren auf dem Sektor der Bereitstellung von behindertengerechten Wohnungen tätig, ohne dass diesbezüglich Unregelmäßigkeiten bekannt geworden sind. Da von der Beklagten auch nicht bestritten wird, dass die von der Klägerin zurzeit bewohnte Wohnung behindertengerecht ist und – wie ausgeführt – andere behindertengerechte Wohnungen in Bremen nicht zur Verfügung stehen, sind durchgreifende Argumente gegen den Bezug der Wohnung „Am Deich 64 F" nicht ersichtlich.

Die Beklagte war nach alledem in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Gewährung des begehrten Darlehens zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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