Eckpunkte für gesetzliche Regelungen zur Sicherung der Assistenz 
					und Teilhabe behinderter Menschen
Angesichts der enormen Benachteiligungen und (finanziellen) Belastungen 
					von behinderten und chronisch kranken, auf Assistenz angewiesenen Menschen 
					und deren Angehörigen, fordern die unterzeichnenden Organisationen 
					und Einzelpersonen die Verantwortlichen in Bund, Ländern und Gemeinden 
					auf, folgende Regelungen zur Sicherstellung der Assistenz und Teilhabe 
					behinderter Menschen zu schaffen und zu gewährleisten:
	-  Individuelle bedarfsgerechte Leistungen unabhängig 
						der Art und Ursache der Behinderung und des Alters 
 
	- Umfassendes Wahlrecht bei der Inanspruchnahme 
						von Leistungen als Kostenerstattung im Arbeitgebermodell, als Sachleistung 
						und/oder Persönliches Budget
 
	- Abschaffung der Einkommens- und Vermögensanrechnung 
						bei den Leistungen der Eingliederungshilfe, Blindenhilfe und Hilfe 
						zur Pflege
 
	- Recht auf gleichgeschlechtliche Assistenz
 
	- Weitergewährung der Leistungen auch bei 
						Unterbrechungen durch stationäre medizinische Versorgung, sowie 
						bei medizinischen und beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen
 
	- Die Kostenerstattung für Assistenzleistungen 
						und Persönliche Budgets muss eine tarifliche Entgeltzahlung der 
						Assistenzkräfte ermöglichen und sicher stellen
 
1. Individuelle bedarfsgerechte Leistungen 
					unabhängig der Art und Ursache der Behinderung und des Alters
Nach wie vor gibt es eine "Mehrklassengesellschaft", wenn 
					es um die Finanzierung von Hilfeleistungen geht. Menschen, die einen 
					unverschuldeten (Arbeits-)Unfall hatten oder infolge eines Impfschadens 
					nach einer gesetzlich vorgeschriebenen Impfung behindert wurden, können 
					ihre berechtigten Ansprüche relativ einfach umsetzen. Von Geburt 
					an oder durch Krankheit behinderte Menschen haben oft nur die Möglichkeit 
					- neben der Pflegeversicherung - sich an die Träger der Sozialhilfe 
					zu wenden. Behinderten Kindern und alten Menschen werden Leistungen 
					nicht selten wegen ihres Alters verweigert. Bei Kindern sollen die Eltern 
					möglichst umsonst die Hilfen leisten. Alten Menschen wird oft die 
					Eingliederungsfähigkeit abgesprochen und sie werden zu "Pflegefällen" 
					degradiert. Wichtig ist auch, dass Leistungen den individuellen Bedürfnissen 
					entsprechend gewährt werden und nicht als pauschal als Angehörigen 
					einer Bedarfsgruppe.
2. Umfassendes Wahlrecht bei der Inanspruchnahme von Leistungen als 
					Kostenerstattung im Arbeitgebermodell, als Sachleistung und/oder Persönliches 
					Budget
Wir sind zwar der Meinung, dass das Arbeitgebermodell die größtmögliche 
					Selbstbestimmung ermöglicht, unmittelbar gefolgt von Leistungen 
					einer Assistenzgenossenschaft. Dennoch darf diese Form der Hilfenahme 
					nicht dogmatisch als einzig richtige forciert werden. Nicht jeder behinderte 
					Mensch kann oder will seine Hilfen durch das Arbeitgebermodell sichern. 
					Daher ist sehr wichtig, generelles Wahlrecht zu haben. Persönliche 
					Budgets können helfen, das Wahlrecht zu stärken, jedoch nur, 
					sofern sie den jeweiligen individuellen Bedarf decken.
3. Abschaffung der Einkommens- und Vermögensanrechnung bei den 
					Leistungen der Eingliederungshilfe, Blindenhilfe und Hilfe zur Pflege
Die unter Punkt 1. beschriebenen behinderten Menschen, die z.B. ihre 
					Hilfen durch eine (gegnerische) Haftpflichtversicherung oder, bei Impfschäden, 
					über das Versorgungsamt finanziert bekommen, erhalten diese Leistungen 
					einkommens- und vermögensunabhängig. All diejenigen und ihre 
					Angehörigen, die auf Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz 
					angewiesen sind, müssen jedoch, gleichgültig wie hoch das 
					(Familien-) Einkommen tatsächlich ist, ein Leben auf Sozialhilfeniveau 
					fristen, da sie Einkünfte, die gewisse Freibeträge überschreiten, 
					ganz oder teilweise für die Assistenz einsetzen müssen. Daher 
					sind diese Menschen stets z.B. gegenüber ArbeitskollegInnen, die 
					faktisch über das gleiche Einkommen verfügen, stark benachteiligt. 
					Außerdem darf kein Vermögen angespart werden. Das bedeutet, 
					größere Anschaffungen stets über Kredite finanzieren 
					zu müssen und natürlich auch die entsprechenden Zinsbelastungen 
					tragen zu müssen, die bei Ansparmöglichkeit nicht anfielen 
					(sondern im Gegenteil Zinsen bringen würden).
4. Recht auf gleichgeschlechtliche Assistenz
Assistenz bei der Körperpflege zu benötigen, bedeutet stets 
					gravierende Eingriffe in die Intimsphäre erdulden zu müssen. 
					Um so wichtiger ist es, die Assistenzpersonen selbst aussuchen zu können. 
					Unsympathische und/oder ungeeignete AssistentInnen stellen für 
					die assistenznehmenden Menschen eine große psychische Belastung 
					dar. Besonders (aber nicht ausschließlich) für Frauen ist 
					es sehr wichtig, gleichgeschlechtliche Assistenzpersonen auswählen 
					zu können. So können Vertrauensverhältnisse schneller 
					aufgebaut und sexualisierter Gewalt besser vorgebeugt werden.
5. Weitergewährung der Leistungen auch bei Unterbrechungen durch 
					stationäre medizinische Versorgung, sowie bei medizinischen und 
					beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen 
Kliniken und andere stationäre Rehaeinrichtungen sind oft nicht 
					auf die speziellen Bedürfnisse behinderter Menschen eingestellt 
					und vom Umfang der Hilfen restlos überfordert. Es geschieht nicht 
					selten, dass deshalb z.B. Querschnittgelähmte mit Dekubiti (Druckstellen) 
					aus Krankenhäusern entlassen werden, oder Patienten, die nicht 
					alleine essen können, ohne medizinische Notwendigkeit, alleine 
					aus Zeitgründen, eine Magensonde gelegt bekommen. Wenn die AssistentInnen 
					den behinderten Menschen in die Klinik begleiten, können sie diese 
					- über die Therapien und Behandlungen hinausgehenden - Mehrbedarfe 
					abfangen und Unterversorgungen verhindern. Außerdem ist es arbeitsrechtlich 
					problematisch, wenn bei stationären Aufenthalten die Assistenzkosten 
					durch die jeweiligen Kostenträger nicht mehr weiter finanziert 
					und die AssistentInnen arbeitslos werden.
6. Die Kostenerstattung für Assistenzleistungen und Persönliche 
					Budgets muss eine tarifliche Entgeltzahlung der Assistenzkräfte 
					ermöglichen und sicher stellen
In Deutschland ist es sehr wichtig, wo der assistenznehmende Mensch 
					lebt. Wer an einem "günstigen" Ort lebt, kann seinen 
					AssistentInnen Tariflöhne, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld bezahlen, 
					da die Träger der Sozialhilfe diese Kosten anerkennen. Wer hingegen 
					an einem "ungünstigen" Ort lebt, muss seine AssistentInnen 
					unter Umständen zu Dumpinglöhnen "schwarz" beschäftigen. 
					So werden die behinderten Menschen und die AssistentInnen gegen ihren 
					Willen zu Steuerhinterziehungen und Sozialversicherungsbetrug gezwungen 
					und von den Sozialhilfeträgern in die Illegalität gedrängt. 
					Daher ist es wichtig, dass künftig gesetzliche Regelungen geschaffen 
					werden, die legale Arbeitsverhältnisse zulassen. Gleichzeitig würde 
					damit die Freizügigkeit gesichert. Denn behinderte, assistenznehmende 
					Menschen, die ihre Ansprüche gegenüber dem Sozialhilfeträger 
					geltend machen konnten, können diese anerkannten Ansprüche 
					nicht einfach an den neuen Wohnort mitnehmen. Im Gegenteil, es muss 
					das gesamte Antragsverfahren bei einem Umzug am neuen Wohnort erneut 
					durchlaufen werden. Auch für die AssistentInnen gäbe es eine 
					größere Rechtssicherheit, wenn sie wüssten, dass sie 
					- gleichgültig in welcher Stadt assistierend - Tariflöhne 
					bekämen.
Werben auch Sie dafür, dass Ihre Organisation diesen Aufruf unterstützt 
					und teilen Sie dies dem Forum selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen - 
					ForseA e.V. - mit, das die Kampagne für eine faire Assistenz im Rahmen der 
					Aufklärungsmaßnahme der Aktion Mensch koordiniert. E-Mail ottmar.miles-paul@kobinet.de 
					- Tel. 0561/9977172.