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Gedanken zum Jahreswechsel 2011/2012

Gedanken zum Jahreswechsel 2011 / 2012

Symbol für Jahreswechsel 2011/2012Wieder ein Jahr der verpassten Chancen verstrichen
oder: Judikative überholt Legislative

Im abgelaufenen Jahr praktizierte die Politik ein Paradoxon: Mit viel Aktion, Versammlungen, bunten Papieren auf der einen Seite, und dem absoluten Stillstand in Sachen Umsetzung der Behindertenrechtskonvention auf der anderen Seite. Diese Aussage gilt mit Sicherheit für die gesamte Assistenzproblematik, aber auch in anderen Bereichen sieht es nicht besser aus. Nach wie vor werden uns Rechte vorenthalten, die in Deutschland bereits Gesetz sind. Erst vor Gericht wird der Mangel beseitigt und die abweichenden Bestimmungen der Steinzeit-Sozialhilfe neutralisiert. Was ist das für ein Deutschland, in dem Menschen mit Behinderung ihre verbrieften Rechte systematisch nur vor Gericht geltend machen können? Solche Auseinandersetzungen kosten nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Wir haben keine Zeit für Auseinandersetzungen: In Hessen kämpft ein muskelkranker Mann seit Jahren gegen den Landeswohlfahrtsverband. Er will aus dem Heim ausziehen. Der Mann wird um die Lebensqualität in Freiheit betrogen und der Landeswohlfahrtsverband Hessen lässt auch noch eine Bedienstete im Fernsehbeitrag verkünden, dass er in dieser Sache einen Präzedenzfall sieht. Es ist damit zu rechnen, dass der Hessische LWV über alle Instanzen gehen will. Dabei ist  im Artikel 19 der Behindertenrechtskonvention unmissverständlich geklärt. dass Menschen mit Behinderung "nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben." Aber in "bewährter" Manier schaffen es Verwaltung und Politik, selbst solch eindeutige Regelungen zu verwässern. Wie der hessische Rundfunk in einem Fernsehbeitrag über Herrn Geier berichtet, ist das Leben im Heim nicht die einzige Baustelle in dessem Leben. Daneben ist es auch die BARMER Krankenkasse, die ihm in Sachen Hilfsmittel das Leben schwer macht. Als Beitragszahler ist man diesen Krankenkassen stets willkommen. Im Leistungsfall maßen sich Menschen, die von der Lebenswirklichkeit behinderter Versicherter nicht die geringste Ahnung haben, an, als Kompetenzcenter-Mitarbeiter über deren Ansprüche zu entscheiden.

Wir konnten im Herbst nachweisen, dass für die Eingliederungshilfe und die Hilfe zur Pflege im Rahmen des SGB XII 15.700.000.000 Euro ausgegeben werden. Dabei werden Einkommen und Vermögen der Antragsteller einer strengen Prüfung unterzogen. Diese im Sinne der Behindertenrechtskonvention illegale Prüfung bringt dem Staat eine Summe von 12.000.000 Euro ein. Das Verhältnis Einnahmen zu Ausgaben entspricht dem der Höhe einer Zigarettenschachtel zu der des Kölner Domes. Der zweite Skandal besteht allerdings darin, dass zur Erzielung dieser 12.000.000 Euro mindestens 500.000.000 Euro an Verwaltungskosten ausgegeben werden. Soviel ist es unserer Regierung "wert", behinderten Menschen mit Assistenzbedarf und deren Angehörigen das Leben zu erschweren, Familien aufzulösen oder zu verhindern.

Die von uns ermittelten Beträge wurden sofort in Zweifel gezogen. Andrerseits finden interessengesteuerte kaffesatzinterpretierende "Fachleute" stets einen Weg in die Öffentlichkeit. Ständig wird versucht, mit selbsterfüllenden Prophezeiungen die Öffentlichkeit zu manipulieren. So wurden Riester & Co. gepuscht und gleichzeitig Leichenreden auf die gesetzliche Rente gehalten. Zwischenzeitlich wissen Interessierte, auf welcher Gehaltsliste manche dieser Fachleute standen oder noch stehen. Danach machte man sich über die gesetzliche Krankenversicherung her und mittlerweile ist man bei der Pflege angekommen.

Den sozialpolitischen Fortschritt der letzten zehn Jahre kann man auch am Beispiel eines Lokalpolitikers in Würzburg festmachen:

Es war im Jahr 2000: Die gestiegenen Kosten (dreier behinderter Menschen mit Assistenzbedarf) will Sozialreferent Dr. Motsch nicht anerkennen. Seine Aussagen: „Die Gesellschaft kann und will sich die hohen Kosten für Behinderte nicht mehr leisten, auch wenn das mit Einschränkungen der Lebensqualität für die Betroffenen verbunden ist" und „Es muss ja niemand in Würzburg bleiben" empören derzeit bundesweit behinderte und nichtbehinderte Menschen. (Quelle: http://www.netzwerk-artikel-3.de, Seite 22)

Und im November dieses Jahres:Exzessive Ausschöpfung von Behindertenrechten in Unterfranken beklagt
Teuer kommt Unterfranken nach Ansicht der CSU-Bezirkstagsfraktion die „exzessive Ausschöpfung" von Behindertenrechten zu stehen. "Vor allem das betreute Wohnen stieg exorbitant an", beklagte Fraktionsvorsitzender Peter Motsch am 15.11. im unterfränkischen Sozialausschuss." CSU-Fraktionsvorsitzender Peter Motsch betonte, die teilweise dramatisch anwachsenden Fallzahlen – beispielsweise die Plätze für körperlich und geistig Behinderte im Betreuten Wohnen im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent – seien den Umlagezahlern nicht zu vermitteln. Deshalb müssten gemeinsam mit den Leistungserbringern (Wohlfahrtsverbänden d.Red.) in diesem und anderen Bereichen geordnete Entwicklungen erreicht werden. (Quellen: MainPost 15.11.2011/Main-Echo-Onlinedienst 16.11.2011)

Was bitte stellt sich dieser Sozialpolitiker unter "geordnete Entwicklungen" vor? Die bayerische Landesregierung sollte dafür sorgen, dass lokale CSU-Größen auf dem Weg zur Behindertenrechtskonvention mitgenommen werden. Sonst wird an der Basis genau das Gegenteil von dem vollzogen, was die CSU-Regierung aus München verlauten lässt

Geben wir die Hoffnung nicht auf: Irgendwann wird es die Regierung leid sein, von den Gerichten abgewatscht zu werden. Wenn nicht, übernächstes Jahr sind Wahlen, nicht nur in Bayern, auch im Bund!

Wir brauchen das Gesetz zur Sozialen Teilhabe, dessen Entwurf im Mai in der Bundespressekonferenz vorgestellt wurde. Lassen wir uns nicht mehr lange hinhalten!

Im Namen des gesamten Vorstandes wünsche ich Ihnen ein gesundes, frohes Jahr 2012, frei von allen Assistenzproblemen.

Ihr

Gerhard Bartz
Vorsitzender

 

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